Donnerstag, 27. Oktober 2011
Bis ins Kleinste großartig: Erdmöbel im Jazzhaus
mysterox, 12:49h
Wenn Monsieur X. ruft und mit Eintrittskarten wedelt, kann die Antwort nur JA! lauten. Gut, den Terminkalender im Geiste darf man blitzschnell konsultieren. Aber beim JA! bleibe es.
Mehrfach musste ich die Frage beantworten: „Auf welches Konzert gehst du?“ – Meine Antwort: „Erdmöbel.“ Die darauffolgenden Reaktionen variierten vom knackig-kurzen Unverständnis „Hä?“ über den gemeinplatzenden Kommentar „Kenn' ich nich'“ bis hin zum vermessenen „Das klingt ja nach schräger Indiemucke...“. Gemeinsamer Nenner allen Antwortens: die blanke Unkenntnis. Bei mir ist das Münsteraner Herrengedeck auch erst seit der 2005er-Scheibe Für die nicht wissen wie in der Musiksammlung vertreten.
Aus irgendeinem Grunde müssen die Herren Erdmöbel das allgemeine Radar unterlaufen haben – nach 15 Jahren gemeinsamen Musizierens und neun Alben an Output hält sich ihr Ruf in erstaunlich engen Grenzen. Die Kritik jubelt regelmäßig beim Erscheinen einer neuen Erdmöbel-Platte, das Publikum bekommt davon nichts mit.
So auch diesmal: Punkt 20 Uhr gähnende Leere im leicht erneuerten Jazzhaus. Nach einer Weile ertönt eine Weise: Friedemann Weise fasst sich ein Herz, das spärliche Publikum bei der Hand und läutert sie mit seinem Satiropop. Keiner braucht deutsche Songwriter!, meint er lakonisch, laut, schlagfertig und ungeheuer wortgewandt.
Lassen wir den Mann an der Gitarre selbst zu Wort kommen: „Mein Produzent Ekimas hat beim Mischen gesagt: Das Gute an deinen Songs ist, dass man sie auch scheiße finden kann! Und das stimmt. Die Lieder von den anderen sind immer mindestens okay.“
Eines seiner unzähligen Bonmots: „Es macht Spaß, vor Menschen zu spielen. Ich war gestern in Regensburg.“ Und Erdmöbel-Texter, -Sänger und -Gitarrist Markus Berges befand über unser Städtchen: „Schön ist, dass hier Fußgänger noch Angst haben müssen vor Fahrradfahrern.“
Erdmöbel dann machten volle zwei Stunden lang einfach tolle Musik. Bestechende Texte aus der Feder von Markus Berges, hervorragendes Timing, ein souveräner, lässig entspannter, zerstrubbelt grinsender Ekimas alias Ekki Maas am Bass, ein Schlagwerker mit der Präzision eines Uhrmachers und dem Outfit eines Buchhalters, der seinen linken Drumstick häufig nur auf den Rand der Trommel klacken ließ, dem Schlaks Henning Beckmann an der Posaune und Wolfgang Proppe freudestrahlend am Klavier.
Umjubelt. Auch ohne Fans. Ohne Durchbruch. Zumindest mit wenig Fans. Trotz alledem war den Herren an diesem Abend im Jazzhaus durchschlagender Erfolg beschieden.
Es gäbe noch so viel mehr zu erzählen. Die herrlich altmodischen Anzüge. Die schrägen Brillen. Die Phrasierung, die intelligenten, ungebärdigen Texte, mit denen Markus Berges live seine Zuhörer umschmeichelt wie beim Liebeswerben – viel intensiver noch und angenehmer als auf Platte. Die vielen intensiven Momente, die beschwörenden kleinen, sich wiederholenden Passagen. Die ruhige und souveräne Art, die Retrospektive elegant unters Volk zu bringen.
Die Summe all dieser großartigen Alles-andere-als-Kleinigkeiten: Erfüllung.
All photos powered by icks. Infinite Thanks!
Mehrfach musste ich die Frage beantworten: „Auf welches Konzert gehst du?“ – Meine Antwort: „Erdmöbel.“ Die darauffolgenden Reaktionen variierten vom knackig-kurzen Unverständnis „Hä?“ über den gemeinplatzenden Kommentar „Kenn' ich nich'“ bis hin zum vermessenen „Das klingt ja nach schräger Indiemucke...“. Gemeinsamer Nenner allen Antwortens: die blanke Unkenntnis. Bei mir ist das Münsteraner Herrengedeck auch erst seit der 2005er-Scheibe Für die nicht wissen wie in der Musiksammlung vertreten.
Aus irgendeinem Grunde müssen die Herren Erdmöbel das allgemeine Radar unterlaufen haben – nach 15 Jahren gemeinsamen Musizierens und neun Alben an Output hält sich ihr Ruf in erstaunlich engen Grenzen. Die Kritik jubelt regelmäßig beim Erscheinen einer neuen Erdmöbel-Platte, das Publikum bekommt davon nichts mit.
So auch diesmal: Punkt 20 Uhr gähnende Leere im leicht erneuerten Jazzhaus. Nach einer Weile ertönt eine Weise: Friedemann Weise fasst sich ein Herz, das spärliche Publikum bei der Hand und läutert sie mit seinem Satiropop. Keiner braucht deutsche Songwriter!, meint er lakonisch, laut, schlagfertig und ungeheuer wortgewandt.
Lassen wir den Mann an der Gitarre selbst zu Wort kommen: „Mein Produzent Ekimas hat beim Mischen gesagt: Das Gute an deinen Songs ist, dass man sie auch scheiße finden kann! Und das stimmt. Die Lieder von den anderen sind immer mindestens okay.“
Eines seiner unzähligen Bonmots: „Es macht Spaß, vor Menschen zu spielen. Ich war gestern in Regensburg.“ Und Erdmöbel-Texter, -Sänger und -Gitarrist Markus Berges befand über unser Städtchen: „Schön ist, dass hier Fußgänger noch Angst haben müssen vor Fahrradfahrern.“
Erdmöbel dann machten volle zwei Stunden lang einfach tolle Musik. Bestechende Texte aus der Feder von Markus Berges, hervorragendes Timing, ein souveräner, lässig entspannter, zerstrubbelt grinsender Ekimas alias Ekki Maas am Bass, ein Schlagwerker mit der Präzision eines Uhrmachers und dem Outfit eines Buchhalters, der seinen linken Drumstick häufig nur auf den Rand der Trommel klacken ließ, dem Schlaks Henning Beckmann an der Posaune und Wolfgang Proppe freudestrahlend am Klavier.
Umjubelt. Auch ohne Fans. Ohne Durchbruch. Zumindest mit wenig Fans. Trotz alledem war den Herren an diesem Abend im Jazzhaus durchschlagender Erfolg beschieden.
Es gäbe noch so viel mehr zu erzählen. Die herrlich altmodischen Anzüge. Die schrägen Brillen. Die Phrasierung, die intelligenten, ungebärdigen Texte, mit denen Markus Berges live seine Zuhörer umschmeichelt wie beim Liebeswerben – viel intensiver noch und angenehmer als auf Platte. Die vielen intensiven Momente, die beschwörenden kleinen, sich wiederholenden Passagen. Die ruhige und souveräne Art, die Retrospektive elegant unters Volk zu bringen.
Die Summe all dieser großartigen Alles-andere-als-Kleinigkeiten: Erfüllung.
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