Dienstag, 3. September 2013
Zwei Tage Zwangsstopp in Montélimar (IV)
VI. Wie die Automobilität versagt & versiegt

Und auch die kurze Fahrt an Bord des Abschleppwagens nimmt ein schnelles Ende: In einem für Industriegebiete noch erstaunlich aufgeräumten Umfeld lässt uns der Monsieur wieder flott mit der Winde runter. Was ich damit meine?

Drei ausgebrannte Autowracks vor der Einfahrt sorgen im Stockdunkeln für Gänsehaut-Atmosphäre, die Große schaudert es, D. schüttelt sich, mich beschleicht kurz ein unangenehmes Gefühl. Auf dem Hof erzählen drei, vier Autos mit Totalschaden und zerborstener Windschutzscheibe oder entstellter Karosserie Geschichten, die man lieber nicht hören möchte.

Monsieur le dépanneur macht innen Licht, sodass der fahle Schein zumindest für ein Existenzminimum an Notbeleuchtung draußen sorgt. Anders gesagt: Man sieht so gut wie nichts. Inmitten der konkret gewordenen Tristesse, einer Mélange aus Hungrigkeit, Müdigkeit, Genervtsein (unverändert) auf der einen Seite und einer merkwürdigen Balance aus Ratlosigkeit und Dankbarkeit (uns wird geholfen) müssen wir kurzfristig umpacken.

Das gesamte Feriengepäck, gut verstaut im Kofferraum des Peugeot 307, Baujahr 2005, muss rausgezerrt werden, ein Teil davon ins Helle, um die wenigen Sachen herauszufischen, die uns die nächsten wieviel Tage eigentlich? begleiten und genügen müssen. Unterwäsche, lange Hose, Jacke, Wasser, Zahnbürsten, Windeln für Lil' L., vereinzelt Essbares.

mysterox kippt den Inhalt seines Koffers in besagten -raum und füllt das Ganze wieder mit dem frisch Herausgesuchten auf. Welches in der Dunkelheit mehr zu erahnen als zu erkennen ist. Meine Unterwäsche, ich hatte sie schon in der Hand, bleibt dabei auf der Strecke, wie ich am nächsten Morgen feststellen muss. Noch ein, zwei Rucksäcke und Taschen dazu. Fertig. Was uns die folgenden Tage dringend fehlen wird: der Buggy... Wir vergaßen. Als wir fast fertig sind, schmeißt Monsieur netterweise seinen Abschleppwagen an, um uns ein bisschen Licht zu machen.

In der Zwischenzeit telefoniert er, der Abschlepp-Mensch, mit dem ADAC, dann klappert er fernmündlich ein Hotel nach dem anderen ab. Complet oder Kein Platz für vier Leute, heißt es fast immer. Sein patron ruft uns derweil ein Taxi.

Während wir in unseren Sachen kramen, dreht der Taxameter fröhlich grinsend seine Runden. Das Taxi kommt nämlich zu früh, der Fahrer lacht, der dépanneur gleich mit. Dabei finden wir das alles eigentlich gar nicht so lustig.

Wir steigen ein. Wohin geht die Fahrt denn jetzt? Vous savez où aller? A quel hôtel?, frage ich den Fahrer. – Oui, oui. Le Sphinx. Das klingt verheißungsvoll. Mitten in der Innenstadt lädt er uns ab und aus, wir bezahlen, gehen hinein und ich sage: Nous sommes la famille qui est tombée en panne. On vient de vous appeler, fügt D. hinzu. Es wirkt noch leicht ironisch, als der freundlich wirkende Mann an der Rezeption schmunzelnd und in aller Ruhe retourniert: Quelle famille? Quel appel? J'en sais rien.

Kurzum: Es ist kurz vor Mitternacht, und wir sind im falschen Hotel gelandet.

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