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Dienstag, 9. März 2010
Alin Coen: Schneeschmelze eingeläutet
mysterox, 16:31h
Nein, sie ist nicht mit den Coen-Brothers verwandt. Sie bevorzugt eher die leisen Töne. Bei Wohnzimmer-Atmosphäre wärmte die junge Alin Coen gestern mit ihrem Akustik-Pop das jos fritz café auf.
Was ist Wärme?
Alin Coen, jung, schmal, kurzer Bubikopf, steht am Tresen im jos fritz und bittet vor Konzertbeginn freundlich um ein Stilles Wasser. Allein mit ihrer Akustikgitarre bestreitet sie ihren kurzfristig arrangierten Gig, ihren ersten in Freiburg. Zart, fast zärtlich streicht, ja streichelt ihre Hand die Saiten.
Die junge Musikerin aus Weimar nimmt das überwiegend weibliche Publikum sofort gefangen – offensichtlich das passende Programm zum Weltfrauentag. Selbstvergessen lehnt sich ein Mädel mit geschlossenen Augen an die Wand. Musik zum Augenschließen-und-einfach-nur-Zuhören.
Ruhiger Akustik-Pop im Stile einer Ani DiFranco und folkige Töne erfüllen die schlauchartige Kneipe, die genau so gut in Berlin liegen könnte. Ihre ausdrucksstarke Stimme kündet von Ängsten, Verletzlichkeit und Trennungsschmerz, mal auf Englisch, mal auf Deutsch.
So zum Beispiel in dem Lied „Festhalten“, in dem sie die Perspektive eines Ex-Freundes einnimmt. Trennung als verbindendes Element: Einige Leute haben der Singer/Songwriterin in letzter Zeit hierzu ihr persönliches Trennungs-Feedback gegeben... Manchmal allerdings kratzen die Texte an der Grenze zur Betroffenheitslyrik.
Es ist mutig, wie die fragil wirkende Alin Coen, die sonst mit Band unterwegs ist, sich da allein ins Licht der Öffentlichkeit wagt. Sie geht sogar das Wagnis ein, einen am selben Tag frisch geschriebenen, nur halbfertigen Song zum Besten zu geben. Er handelt von einer Mutter, die ihr Neugeborenes in einer Babyklappe abgegeben hat. „Das hat mich ganz schön doll berührt“.
Da das Stück ebenso gerade erst das Licht der Welt erblickt hat, ist die zierliche Musikerin auf Schützenhilfe vom Blatt angewiesen. Doch wie halten – beim Gitarrespielen? Ein sympathischer Mann in der ersten Reihe bietet sich als Blatthalter an. Sie willigt ein, lehnt dann aber doch dankend ab: „Dann bin ich ja dauernd abgelenkt“, gesteht sie lachend. Vielleicht ist das ein typisches Bild, irgendwie weckt sie den Beschützerinstinkt mit ihren intimen Songs in der Wohnzimmer-Atmosphäre des jos fritz. Goldig und authentisch.
Schön laut und druckvoll gerät einer der letzten Songs, ganz so, als wäre jetzt eine Last von der Schultern der Alin Coen abgefallen. Das Stille Wasser ist mittlerweile umgekippt. Melancholie schwebt über ihren Songs wie ein hartnäckiger Winter, der sich nicht austreiben lassen will. Immerhin – mit der knisternden Wärme eines Kaminfeuers hat Alin Coen die Schneeschmelze eingeläutet. Oder sind das jetzt nur warme Worte?
Irgendwie verhuscht
P.S. Wer mehr über Alin Coen erfahren möchte, kann sich die TV-Doku „pop_cracks“ von ZDF und 3sat anschauen, die die vierköpfige Band acht Monate lang begleitet haben. Sehr sehenswert! Und im Sommer soll dann die erste CD rauskommen.
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