Donnerstag, 1. Oktober 2009
Tele im Jazzhaus: Tierisch gut
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Tele im Jahr 2009

Mit ihrer neuen CD „Jedes Tier“ war die aus der Regio stammende Band Tele zu Gast im Jazzhaus. Wir haben keine Mühe gescheut und unseren mysterox-en hingeschickt, um das animalische Treiben gebührend zu würdigen. Prädikat: tierisch gut und tierfreundlich lang.

Einen mehrfachem Tapetenwechsel hat die ehemals Freiburger Band Tele hinter sich: Nein, nicht dass sie nach Berlin gezogen sind, das ist ja schon Jahre her. Doch zuletzt haben sie ihr Label gewechselt und wurden vom großen Major Universal zurückempfohlen an Tapete Records, wo sie zuvor auch schon untergekommen waren. Die Verkaufszahlen haben nicht gestimmt, die Plattenbosse hatten sich da mehr erhofft. Und in der Band selbst ist zuletzt die Position eines Gitarristen vakant geworden.


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Francesco Wilking

Vom Verlassen handelt einer der Songs auf ihrer 2007 erschienenen CD „Wir brauchen nichts“. Dieser Song, Bye-bye, Berlin, Teles ironischer Abgesang auf ihre Wahlheimat, hätte die globale Hörerschar explosionsartig in die Höhe schießen lassen können.

Hier zeigen Tele Visionen: Den Song haben die fünf in Mandarin aufgenommen, was die potenziellen Tele-Hörer von derzeit rund 150 Millionen des Deutschen Mächtigen auf rund eine Milliarde anschwellen lässt. Soweit die Theorie. Doch so viele finden gar nicht Platz im Jazzhaus. Vielleicht 150 sind es, die die Band in ihrer alten Heimat am Weltkalauertag (O-Ton Francesco) aufspielen sehen wollen.


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Martin Brombacher: Von der Querflöte zur Gitarre


Igel-Tanreks, Zwergmäuse, Nashörner – sie alle flimmern verschwommen über die gekrümmte Wand im Jazzhaus. Zum Aufwärmen servieren Tele einen Ausschnitt aus Grzimeks Tierleben, passend zum Albumtitel Jedes Tier. Dann ist Cécile an der Reihe. Der Opener der CD eröffnet auch das Konzert. Martin Brombacher an der Gitarre spielt ein verführerisches, funkiges Riff, wohlig wabert der Bass, und so mancher wünscht sich mehr. Als nächstes kommt Mehr, mehr, mehr.


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Jörg am Bass - orgasmisch weggetreten


Sänger, Texter und Frontmann Francesco Wilking steigt ins Ansagegeschäft ein, vertrautes, geliebtes Terrain, das er mit schlafwandlerischer Leichtigkeit bespielt. So leicht die Ansage, so schwer fällt ihm angeblich die Konzentration: „Ich bin aufgeregter als im Madison Square Garden von Rio de Janeiro“, gesteht er im Hinblick auf die merkwürdige Situation, als Ex-Freiburger wieder vor Ort aufzutreten, im Spagat zwischen Erinnerung und Gegenwart.

„Den Blick von der Blauen Brücke haben Sie kaputtgemacht – den schönsten Blick der Welt!“, schimpft er voll Inbrunst, aber immer die Ironie im Ohr. Mit den kleinen Hits „Falschrum“ und „Mario“ nimmt das Tele-Schiff richtig Fahrt auf. Rückenwind beim Heimspiel.

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Volle Puste: Benedikt & Nina

Doch dann: kurze Flaute. Grzimek wirft im Halbdunkel immer noch unkenntliche Schattenrisse auf die Musiker, die diesmal dezimiert und erweitert zugleich sind. Neuerdings ohne Tobias Rodäbel am Start (den Part übernimmt Francesco quasi, indem er häufiger selbst zur Gitarre greift), sind die Tele-Jungs diesmal mit einem Bläser-Duo ausgestattet – was, ja, fast an die guten alten grauen Vorzeiten der Vor-Vorgängerband Kicking Edgar Allan Poe erinnert, die – die Nostalgiker, Statistiker und Frührentner unter uns erinnern sich – 1997 den – ja, so was gibt es tatsächlich – Deutschen Rockpreis eingeheimst haben.

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Francesco - zwischen Penner-Look und Elder Statesman

Tele lustwandelt auf dem Grat zwischen Kitsch und Kunst, Kompromiss und Können, Mainstream-Pop und feinen Nuancen, Pathos und Ironie. Mit „Intergalaktische Missionen“ hüpft die Band bärenstark in die nächste Dimension, legt noch die Funk-Soul-Nummer „Waiting for your call“ nach, inszeniert ironisch einen halbsynchronen Hüftschwung, bringt „Die Zeiten ändern sich“ mit einem schönen Break: Aus Francesco sprudelt Italienisches hervor, bis der Song in einen Disco-Beat mündet, Wilking deliriert, wild auflacht und eine A Capella-Einlage zelebriert.

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Stefan Wittich in seinem gläsernen Raumschiff

Spätestens mit der Uptempo-Nummer Fieber hat die Fieberkurve ihren Höhepunkt erreicht und jedes Tier erfasst. Eine satte halbe Stunde lang servieren die Musiker Zugabe um Zugabe, bis längst schon zwei Stunden gespielt sind. Ein typisches Tele-Konzert, tierisch gut, dem man wie immer mehr Zuschauer gewünscht hätte. Auf Francescos T-Shirt grüßt zum Abschied ein - Pudel.

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Was ist des Pudels Kern?


P.S. Für hartgesottene Weicheier: Hier geht es zur Fansite.

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