Freitag, 9. November 2007
9. November
Liebe Amis,

(wird mysterox jetzt noch zum BILD-Provokateur Wagner??? zündelt er?)

ihr habt euren "nine-eleven", eure Chiffre "9/11", euer Trauma und habt daran zu knabbern. Dafür haben wir unseren 9.11., der hat aber wesentlich mehr drauf als nur ein einziges Mal in Erscheinung zu treten, wie bei euch.

Wir schaffen es, alle paar Jahre, spätestens Jahrzehnte mal so was richtig Zünftiges durchzuziehen am 9. November und stets Geschichtsträchtiges zu leisten. Wie - davon habt ihr noch nie gehört? Ach so, ja, stimmt ja, über Europa wird so gut wie gar nicht in den USA berichtet. Ich vergaß.

Dazu drei Anekdoten:

Aneck Anekdote Nr. 1
Ein Freund von mir, ein Belgier, nahm einmal einen Amerikaner an Bord seines kleines Flugzeugs und zeigte ihm Belgien aus der Luft. Der Mann aus den Staaten war sichtlich beeindruckt und sagte: "Belgium is a nice city!"

Aneck Anekdote Nr. 2
1987 war ich als junge Makrele zum ersten Mal in den USA. Small Talk hier und da, das klappt wunderbar. Woher ich denn käme? "I am from Germany", antworte ich. "Are you from East or from West Germany?", fragte mich der Kerl daraufhin. Hmmm, was soll man da sagen? Weiß-der-Kerl-denn-nicht-dass-die-Ostdeutschen-nicht-rauskönnen? Oder: Schön, dass er weiß, dass es zwei Deutschlands gibt?

Aneck Anekdote Nr. 3
Mitte der 90er Jahre: Ich fragte eine überdurchschnittlich (und gut aus)gebildete New Yorkerin, wie denn der deutsche Chancellor heißen würde. Zur Erinnerung: Der Dicke war ja immerhin seit 1982 am Ruder, insgesamt 16 Jahre lang. Keinen Blassen, meinte Adr sie.


Zurück nach Deutschland.

Auf den 9. November fallen in den Jahren 1848, 1918, 1923, 1938 und 1989 eine Reihe von Ereignissen, die insbesondere für Deutschland als politische Wendepunkte gelten. Darum gilt dieser Tag als ein besonders „schicksalsträchtiges“ Datum der neueren Geschichte in Deutschland und wird daher auch als „Schicksalstag der Deutschen“ bezeichnet, sagt Wiki.

Und mein Freund TM, genannt das Warenzeichen, feiert heute Geburtstag! Happy Birthday nach USA!

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„Free Rainer“, Vorpremiere
Ja, nachdem Free Willy damals so toll war, habe ich mir nun die Fortsetzung angesehen: Free Rainer. Kaum fing der Film an, musste ich feststellen, dass es NICHT um Delfine (Delphinidae) ging, liebe Barbarane, sondern um die üblichen Säugetiere, die man auf Zelluloid wirken sieht, nämlich unsereiner.

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Der Film startet furios. Total zugekoskt, mit einer Pulle Alkohol in der Hand, rammt Rainer (Moritz Bleibtreu) beim Ausparken einen Polizeiwagen und gibt Vollgas bei seiner Fahrt durch die Stadt. Zu Hardcore-Mucke missachtet er, der erfolgreiche Fernsehproduzent, jede Verkehrsregel – Leben auf der Überholspur.

Er ist Formatentwickler für Shows der übelsten Sorte: Deutschland sucht das Superbaby – wessen Sperma am schnellsten sein Ziel erreicht hat, darf die Kandidatin schwängern. „Unterschichten-TV“, das – auf der Jagd nach Quote – die Leute nur weiter verdummt und sogar über Leichen geht.

Bis Rainer von einer jungen Frau mit voller Absicht angefahren wird. Im Delirium sieht er sich, schwer verletzt und blutüberströmt, im Fernsehstudio liegen, alptraumhaft flackernde Bilder, und ein total debiles Publikum soll darüber abstimmen, ob er die lebensrettende OP erhält oder nicht...

Und wie das in modernen Märchen so ist, denkt Rainer um – und setzt nun alles daran, die Quote zu sabotieren, um Qualität zum Siegeszug zu verhelfen. Er lässt alles hinter sich...

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…auch seinen Fernseher…

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...und stellt eine Art Guerillatruppe zusammen.

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Klasse: Milan Peschel als Sozialphobiker Philipp.

Ihr Plan geht auf: Auf einmal sacken die Quoten fürs Titten- und Dumpf-TV weg, arte und andere Hochkulturkanäle erleben einen kometenhaften Aufstieg, Dokus und Anspruchsvolles sind auf einmal die heißeste TV-Ware. Man spricht vom „Ende des TV-Terrors“ und von einem neuen „geistigen Frühling“...

Mehr verrate ich nicht.

Regisseur Hans Weingartner (Die fetten Jahre sind vorbei) war sehr sympathisch und auskunftsfreudig. Ihm geht diese Sch...quote mächtig auf den Senkel, das spürte man. Zugleich ist er indirekt auch davon abhängig. Gehen kaum Zuschauer in seinen Film, dürfte er es schwer haben, ein neues Filmprojekt in Angriff zu nehmen...

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Besonders haarsträubend findet er, dass auch die Öffentlich-Rechtlichen sich dem Flachniveau der Privaten angeglichen haben. So gibt es seit 2001 in der ARD, so Weingartner, eine interne Richtlinie, nichts Sozialkritisches nach 20 Uhr zu senden – „die Leute wollen ja abspannen“. Schnitt.

Einen Abspann nach dem langen Dialog mit dem Regisseur gab es nicht. Zumal der arme Kerl noch nach Mitternacht Interviews über sich ergehen lassen musste. Wohlwollende Zuschauerkommentare schienen ihn aber zum glücklichsten Menschen auf Erden zu machen: „Ich sag’s halt immer: Ich liebe Freiburg“, strahlte er.

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