Montag, 8. Oktober 2007
Nachhilfe in Schwermetall
Jau, wenn ein liebenswerter, musikbegeisterter Mensch einem einen Konzerteintritt schenkt, nachdem er Tickets gewonnen hat, und sich die Sache ganz interessant anhört ("Schweinerock!", "der hat bei Steve Vai gespielt!", "virtuose Rockmusik!"), dann, ja dann geht man natürlich hin. Wohin? Zu Devil's Slingshot.

Was heißt das eigentlich - Slingshot? "Schlingenschuss" - was soll das sein? "Bestimmt irgendwas Fieses", wirft Monsieur X. ein. Steinschleuder, sagt das Netz.

Ein Trio steht auf der Bühne des Jazzhaus: Am Bass Billy Sheehan (ehemals Mr. Big), an der Gitarre Tony MacAlpine (besagter Vai-Mann) und am Schlagzeug Virgil Donati (Planet X). Der Beginn, fast schon spießig, zur besten Prime Time: Sonntagabend, 20 Uhr 15. Die Jungs fangen gleich mal mit einem Gitarrensolo an, klar. Hier wird gezeigt, wo instrumententechnisch der Hammer hängt. Eine Mischung aus Heavy Metal, Hard Rock, Art Rock und Prog Rock prasselt auf die gut hundert (halb so) wilden Willigen nieder.

Zum einen ist die Musik und die Instrumentbeherrschung virtuos und beeindruckend, zum anderen, gähn, ermüdet das notenreiche Highspeedspiel. Der Bassist wackelt und zuckt mit dem Kopf wie ein Gockel kurz vor dem epileptischen Anfall, öffnet dabei den Mund wie ein Aphasiker und verzieht sein Gesicht, als wäre er ein Gesichtsakrobat. Er schrubbt seinen Bass, was das Zeug hält. Ganz anders der Gitarrero: Ruhig, cool und entspannt entlockt er seiner Gitarre heftige Noten-Auf-und-Abs und überspannt dabei den Melodiebogen ein ums andere Mal. Bisweilen sehr barock.

Virgil Donati macht allen klar, warum die Franzosen "batterie" zu Schlagzeug sagen: Er hat sich hinter einen einmaligen, so nie gesehenen Batterie an Schlaginstrumenten verschanzt: knapp 20 Gerätschaften, sage und schreibe 9 Trommeln und 10 Becken. In zweiter Reihe, also oben, hat er zwei Drums angebracht, und ein zweites Hi-Hat befindet sich außerhalb des normalen Drum-Radius und wird offensichtlich über die Fußmaschine bedient.



Totally crazy. Als wahnwitziger Berserker von ungestümer Gewalt entpuppt er sich bei seinem minutenlangen Drumsolo - knochenharte Schwerstarbeit, die sich deutlich an seinen angestrengten, jesusgleich leidenden Gesichtszügen ablesen lässt.

Das, so X., "kompakte Set" hat selbst in der Kürze Längen, wie ich finde. Es fehlt so etwas wie ein roter Faden. Oder Songwriting.

Die Theke im Jazzhaus vibriert, der Bauch rumpelt - und die Ohren schreien verzweifelt nach Hörschutz (oder meinten sie: Hörsturz?). Ohrstöpsel wurden zum Glück am Eingang spendiert. Slingshot war ziemlich sicher das lauteste Konzert, das ich je erlebt habe. Und die Kleine, 5 Jährchen jung, meinte noch, als ich mich auf den Weg zum Konzert machte: "Ich will, dass du mich endlich mal mitnimmst!" - Vielleicht ein anderes Mal...

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