Sonntag, 19. August 2007
Warnung
In meinem Bekanntenkreis (ca. 1-3 Leute) gelte ich als Leseratte. Sehr selten kommt es vor, sagt Dauerlebenspartner D., dass mysterox ein Buch beiseite legt und mittendrin abbricht. Gestern nacht war es wieder soweit. Wie es dazu kam?

Ein gutes Buch des Autors hat mich angefixt. Dann habe ich zum nächsten gegriffen - ein Missgriff. Pascal Merciers Bestseller (da bin ich eh schon auf der Hut) Nachtzug nach Lissabon hat mir gut gefallen: Zwar nur sehr gemächlich nimmt der Zug Fahrt auf, aber spätestens nach der Hälfte, also nach etwa 250 Seiten, macht der Fahrtwind richtig Laune, und man landet viel zu schnell am Ende.

Ganz anders bei seiner ebenso umfangreichen Schwarte Der Klavierstimmer. Schwülstig, dass es aus den Zeilen trieft und fast schon das Buch ramponiert, ein Erinnerungsgedöns sondergleichen, ständig geht es um irgendwelche Kleinigkeiten, an die sich das Erzählerpaar Patrice & Patricia haarklein erinnert - Melancholie, die einen erschlägt.

Am schönsten, passendsten und treffendsten fand ich folgenden Satz auf Seite 203:

"Es kommt mir vor, als hoffe er, durch die Beschwörung dieser Details die vergangene Zeit anhalten zu können, so daß sie den schrecklichen Moment des Geschehens nie erreicht."

Denn dieser Satz passt auf das gesamte Buch wie die Faust aufs Auge: Es kommt mir als Leser vor, als hoffe er, Mercier, durch die Beschwörung dieser end- und bisweilen sinnlosen Details die vergangene Zeit anhalten zu können, so dass sie den schrecklichen Moment des Geschehens, nämlich des Lesens, nie erreicht. Und das ist es! Diese schrecklichen Momente hypergepflegter, ja zelebrierter Langeweile, die beim Lesen dieses Schinkens auftreten, sind damit passé. Ich habe das Buch weggelegt. Schluss im Bus. Aus die Maus.

Vielleicht nehme ich es als nochmals zur Hand, falls mich das Thema Flagellation oder glühende Kohlen mal beschäftigen sollte - denn manche Passagen stellen einen wirklich auf eine harte Geduldsprobe, kurz vor der Selbstgeißelung...

P.S. Noch viel, viel schlimmer muss das neueste Buch von Mercier sein: Lea - Kitsch as Kitsch can.

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